Marinus Wirtl
Nachdem nun wirklich kein Artikel aus der Presse zu Marinus Wirtls Ausstellung bei uns aufzutreiben ist, möchte ich ein paar Zeilen über unsere Wacht im Stellwerk zu Papier bringen.
Samstagnachmittag, ich sitze in der geschätzten Lavazza-Bar in Murnau und plaudere mit Freunden, als mir bewusst wird: du musst los, du hast Aufsicht bei der Ausstellung und die Zeit ist knapp geworden!
Ich eile und komme noch rechtzeitig. Angelika, mit der ich drei Stunden lang für die Besucher da sein werde, kommt auf die Idee, die Stühle aus dem kühlen Stellwerk auf den sonnigen Bahnsteig zu stellen. Um und hinter uns steigen die Reisenden ein und aus, Züge gleiten von Süd nach Nord und eilen von Nord nach Süd, dann ist es wieder still. Sonnige Plaudereien, der Süden strahlt über die Berge uns an und der Cappuccino schenkt uns Gelassenheit.
Kommen Besucher zur Ausstellung, erkennen wir sie, ohne sie zu kennen, nur an ihrer suchenden, aber doch zielstrebigen Haltung: sich jetzt gemächlich bei uns umzusehen, aber ein wenig zu zurückhaltend sind sie doch: „Dürfen wir eintreten?“
Wir begleiten unsere Gäste in das Stellwerk, in dem Marinus Wirtls Installation aus Scheibenwischermotoren samt deren Mechanik unter all den Hebeln und Stellrädern aufgeht, als gehöre sie schon immer hier her. Am Boden liegen in schöner Reihe vier Fußschalter in Rot, Schwarz und Weiß. Thank you for travelling with Deutsche Bahn.
„Darf man da drauf treten?“ Sicher darf man. Es wird getreten. Ich höre hin und erläutere den Besuchern, dass das alles Geräusche fahrender oder auf dem Gleis wartender Züge seien, das Rattern der Zugräder an den Fugen der Geleise, als diese noch nicht verschweißt werden konnten, das Stampfen der Dampfloks, der Lärm, der einen ansprang, wenn man von einem schwarzen Balg geschützt aus einem Wagon in den nächsten eilte... und so fort. Unsere Besucher finden die Erläuterungen schlüssig, bis Thorsten Fuhrmann bei meiner zweiten Wacht am Stellwerk erzählt, dass Marinus Wirtl Geräusche von Schiffsmotoren verwendet hat! Ach nun, mehrdeutig ist die Welt und ihre Kunst. Aber der Nachmittag bleibt trotzdem sonnig und gefällig.
12.05.2015 Hans Peter Schöler
http://www.marinuswirtl.de/index.html