Michael Kreuter am 2. Februar 2019

Wir dreizehn Teilnehmer trafen uns an diesem milden, regnerischen Tag auf dem Pollinger Kirchplatz, weil Michael Kreuter uns zu einer Besichtigung "seiner Mühle" eingeladen hatte. Auf zwei Uhr schlenderten wir zu seinem Domizil und er kam uns bereits am Gartentor entgegen. Eine kurze Begrüßung, wir verließen das postnivale Grau in Grau unserer jetzigen Welt und stiegen in andere Räume ein.
Und dort war es kalt, kälter als in der Kirche. Im untersten Gewölbe, wo noch die hölzernen Trichter von der Decke herab reichten, in denen das Mahlgut in die aufgespannten Säcke rieselte, gab es ein Glas Prosecco und Butterbrezeln als zweites Grüß Gott. Eingefangen von den vielen Gemälden, überwölbt von den schweren Mauern früherer Jahrhunderte und geführt von den Transmissionsriemen und Antriebsrädern der Mühle, zogen wir wie eine ruhige Prozession von Nische zu Nische, von Tonnengewölben zu Kreuzgratgewölben, über steile, durchgetretene Holztreppen und an schmalen Fenstern vorbei, mit Blick über das Dorf hinweg zu den Bergen, bis wir ganz oben unter dem Dach ankamen. Ein andere Zeit in unserer Zeit. Was wir alles fanden, Gemälde über Gemälde, Skulpturen, die Szene für ein Heiliges Grab der Pollinger Kirche, alte Röhrenradios, einen alten technischen Zeichentisch, schwer als wäre er aus Guss, ein Grammophon, das Michael für uns spielen ließ, Schellacks, Platten und einen Brautstrauß, getrocknet, noch am Seidenband.
Von Stockwerk zu Stockwerk nahmen die Überraschungen zu und die Kälte auch. Seltsam, das mit der Physik hatte ich anders in Erinnerung. Zuletzt, ganz oben, ein lichter Raum, Träume vom einem Rückzugsort in gelassener Ruhe, von konzentriertem Arbeiten.
Vorsichtig stiegen wir wieder hinab und durften noch in die Wohnung, dorthin, wo Thomas Mann seinen Doktor Faustus begann. Schöne Räume, schöne Kunst und wohlig warm.

Wir danken Michael Kreuter sehr für diesen spannenden Nachmittag.

Hans Peter Schöler